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Stuttgarter Erklärung

Stuttgarter Erklärung
der Beauftragten für die Belange
von Menschen mit Behinderungen
von Bund und Ländern
zum Recht auf inklusive schulische Bildung
vom 14. November 2014

Das Recht auf inklusive Bildung


Inklusive Bildung ist ein zentrales Anliegen der in Deutschland vor über fünf Jahren durch Bundesgesetz eingeführten UN-Behindertenrechtskonvention und beinhaltet das Recht auf gemeinsames Lernen von Menschen mit und ohne Behinderungen im allgemeinen Bildungssystem. In der aktuellen Diskussion zur Weiterentwicklung des föderalen Bildungssystems im Lichte dieses unteilbaren Grund- und Menschenrechts wird die sich hieraus ergebende normative Verpflichtung nur teilweise und viel zu zögerlich umgesetzt. Unterschiedliche Aufgaben-, Finanzierungs- und Personalver-antwortlichkeiten bei den am Bildungsprozess Beteiligten und daraus resultierende komplexe Fragen der Ressourcenverantwortlichkeit stehen der gebotenen Verwirklichung des Rechts auf Selbstbestimmung und Teilhabe insbesondere im schulischen Bereich noch immer entgegen. Eltern von Kindern mit Behinderungen, die sich für ein inklusives Bildungsangebot entscheiden, müssen sich ihre Rechte vielfach vor Gericht erstreiten.
Inklusion im Bildungsbereich nach Artikel 24 UN-Behindertenrechtskonvention bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen die gleichen Möglichkeiten offen stehen, ihre Potenziale und Fähigkeiten im allgemeinen Bildungssystem entwickeln zu können.
Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Beschulung aller Schülerinnen und Schüler in einer Regelschule müssen Eltern bzw. die jungen Menschen mit Behinderungen ein Wunsch- und Wahlrecht zur Bestimmung des Lernortes haben.
Die Rahmenbedingungen, die schulgesetzlichen Regelungen und die bislang realisierten Angebote inklusiver schulischer Bildung gehen in den einzelnen Bundeslän-dern noch weit auseinander. Aus diesem Grund bekräftigen bzw. fordern die Behindertenbeauftragten des Bundes und der Länder am 14. November 2014 in Stuttgart anlässlich ihrer Herbsttagung folgendes:


1. Von der Inklusion im Bildungswesen profitieren Kinder mit und ohne Behinderung gleichermaßen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Dann trägt das gemeinsame Lernen entscheidend dazu bei, die Bildungsqualität zu steigern. Inklusion in der Bildung stellt die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Lernenden in den Mittel-punkt und begreift Vielfalt als Ressource und Chance für Lern- und Bildungsprozesse. Inklusive Bildungsangebote sind Ausdruck einer „Willkommenskultur für alle“ und fördern das soziale Lernen als zentrale Weichenstellung für inklusives Denken und Handeln für alle Lebensbereiche. Deshalb setzen wir uns für ein in-klusives Schulsystem ein. Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen sollen vor Ort selbstverständlich die gleichen Schulen besuchen können.
 
2. Inklusive Bildung erfordert offene Unterrichtsgestaltung in der Form des zielgleichen und zieldifferenten Lernens, strukturelle und inhaltliche Anpassungen der schulgesetzlichen und pädagogischen Rahmenbedingungen sowie die Bereitstellung hierfür notwendiger Ressourcen. Individuelle Förderung und Lernen in heterogenen Gruppen sind die Grundlage für eine inklusive persönliche und gesellschaftliche Entwicklung und damit für eine volle und wirksame Teilhabe in allen Lebensbereichen.

3. Die Verwirklichung des Rechts auf inklusive Bildung bzw. die Schaffung eines durchgängig inklusiven Bildungssystems ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Für den Aufbau eines inklusiven Bildungssystems sind somit alle gemeinsam ver-antwortlich. Bund, Länder, Kommunen und die Zivilgesellschaft sind gefordert, ihren Beitrag zu leisten, um einstellungs- und umweltbedingte Barrieren abzubauen sowie Inklusion als Leitbild im Bildungsauftrag und der Bildungspraxis zu etablieren. Hierfür brauchen wir einen gesellschaftlichen Konsens und die Bereitschaft bei den Verantwortlichen auf allen Ebenen, die angemessenen Vorkehrungen zu schaffen. Diese Herausforderung gilt für die frühkindliche Bildung in gleicher Weise für alle schulischen Angebote der Primarstufe sowie für die Sekundarstufe I und die Sekundarstufe II einschließlich der berufsbildenden Schulen.


4. Ein inklusives Bildungssystem kann es nicht zum Nulltarif geben. Bund, Länder und Kommunen werden aufgefordert, für die Neuausrichtung und Weiterentwicklung der noch immer separierenden Bildungsangebote für Menschen mit Behinderungen die notwendigen finanziellen Mittel zusätzlich bereitzustellen und diesem Schulentwicklungsprozess, entsprechend der Verpflichtung durch Artikel 4 Ab-satz 2 der UN-Behindertenrechtskonvention, unter Ausschöpfung ihrer verfügbaren Mittel höchste Priorität einzuräumen.


5. Der Bund wird aufgefordert,
 sich für eine Aufhebung des 2006 für den Bereich der Bildung in die Verfassung eingefügten Kooperationsverbots einzusetzen. Der Bund muss sich zu seiner Verantwortung für Inklusion als Vorhaben von überregionaler Bedeutung bekennen und sich auch im Bereich der Schule dauerhaft mit einem finanziellen Beitrag engagieren können
 ein Programm zum Ausbau einer umfassend barrierefreien Infrastruktur im schulischen Bereich aufzulegen
 die zugesagte finanzielle Entlastung der Kommunen in Höhe von 5 Milliarden Euro pro Jahr unmittelbar mit der Reform der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen und damit mit der Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbinden und
 den Gesetzentwurf für ein Bundesteilhabegesetz so rechtzeitig vorzulegen, dass dieses spätestens zum 1. Januar 2017 in Kraft treten kann.


6. Die Länder werden aufgefordert,
 sich - auch in der KMK - auf länderübergreifende gemeinsame Ziele und Standards für Rahmenbedingungen, Organisation sowie Lehr- und Lerngestaltung als Grundlage für ein durchgängig inklusives Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen zu verständigen
 sich für gleiche Bildungschancen auch für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen einzusetzen
 in den Schulgesetzen zügig das Recht auf inklusive Bildung zu verankern und möglichst konkret zu regeln
 dem gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern, unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts, Vorrang einzuräumen
 die Schulträger zu einer inklusiven Schulentwicklungsplanung zu verpflichten
 die pädagogische Aus-, Fort- und Weiterbildung für alle Schularten an den Anforderungen eines inklusiven Bildungssystems auszurichten und die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen an die inklusive Pädagogik anzupassen
 Bildungs- und Lehrpläne sowie die Leistungsbewertung für den zielgleichen bzw. zieldifferenzierten Unterricht im Sinne eines inklusiven Bildungssystems zu gestalten.

7. Die Kommunen werden aufgefordert,

 sich ihrer Verantwortung für ein inklusives Bildungssystem zu stellen

 die Schulentwicklungsplanung inklusiv auszurichten
 die Barrierefreiheit von Bildungseinrichtungen zu gewährleisten, damit die Grundlage für inklusive Bildungsangebote im Sozialraum geschaffen wird
 die kommunalen Strukturen in die inklusive Bildung einzubinden und insbesondere im Bereich der Eingliederungs- und Jugendhilfe die notwendigen Assistenzen unbürokratisch zu bewilligen
 die Verankerung des Rechts auf inklusive Bildung in den Schulgesetzen der Länder aktiv zu unterstützen und
 die gleichberechtigte Teilhabe von jungen Menschen mit Behinderungen an durchgängig inklusiven Bildungsangeboten nicht durch eine übermäßige Berufung auf eine Konnexität einzuschränken.


8. Die Beauftragten des Bundes und der Länder appellieren an alle Verantwortlichen für und in den Schulen, dass Inklusion eine Aufgabe aller Schulen und aller Schularten ist. Nur in gemeinsamer Verantwortung und mit gemeinsamem Handeln wird das große und großartige Vorhaben gelingen, ein inklusives Schulsystem zu schaffen und Sonderwelten für Menschen mit Behinderungen zu überwinden.


9. Wir stellen fest, dass das Recht auf inklusive Bildung für Menschen mit Behinderungen nach der UN-Behindertenrechtskonvention weit über den Bereich der schulischen Bildung hinausgeht und insbesondere die Bereiche frühkindliche Bildung, die berufliche Bildung, das Hochschulwesen, die Erwachsenbildung sowie alle Bildungsangebote und Bildungseinrichtungen im Sinne des lebenslangen Lernens umfasst.

UN Behindertenrechtskonventiion

 Hier ist der Link zur UN Behindertenrechtskonvention:

https://www.behindertenbeauftragter.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Broschuere_UNKonvention_KK.pdf?__blob=publicationFile

Eckpunktpapier zum Bundesteilhabegesetz

 

Eckpunkte zu den Anforderungen an ein Bundesteilhabegesetz

 

SPD und CDU/CSU werden noch in dieser Legislaturperiode ein Bundesteilhabegesetz in Kraft setzen. Eine entsprechende Vereinbarung findet sich im Koalitionsvertrag. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat bereits mit den Vorbereitungen begonnen. Die Vorlage eines ersten Gesetzentwurfes wird Ende 2015 erwartet.

 

Gemäß dem Motto der Behindertenverbände „Nichts über uns ohne uns!“ ermöglicht das BMAS einen breiten Beteiligungsprozess. Mit dem vorliegenden Eckpunktepapier möchte die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen in der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Tack, ebenfalls einen Beitrag zur Unterstützung der inhaltlichen Ausgestaltung des Bundesteilhabegesetzes leisten.

Präambel

 

Vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention und dem damit einhergehenden Paradigmenwechsel in der Politik für Menschen mit Behinderungen, soll die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt werden.

 

Die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen in der SPD-Bundestagsfraktion begrüßt es, dass Menschen, die aufgrund einer wesentlichen Behinderung nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft haben, mit dem neuen Bundesteilhabegesetz aus dem bisherigen "Fürsorgesystem" der Sozialhilfe herausgeführt werden sollen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Leistungen zur sozialen Teilhabe aus dem SGB XII herausgenommen und in einem eigenständigen Leistungsbereich im SGB IX verankert werden.

 

Die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen in der SPD-Bundestagsfraktion ist sich darüber bewusst, dass die Erarbeitung des neuen Bundesteilhabegesetzes einen Balanceakt zwischen den finanzpolitischen Anforderungen auf der einen Seite und den sozialpolitischen Erfordernissen auf der anderen Seite darstellt. Neben der kommunalen Entlastung sieht sie die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Schaffung einer verbesserten gesellschaftlichen Teilhabe und einer selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen zu ergreifen.

 

Die Erarbeitung und das Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes noch in dieser Legislaturperiode ist ihr daher ein wichtiges Anliegen. Um die Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen hinreichend verbessern zu können, müssen im neuen Bundesteilhabegesetz aus Sicht der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen in der SPD-Bundestagsfraktion insbesondere die unten aufgeführten Anforderungen adäquate Berücksichtigung finden. Dabei geht es nicht darum, quasi ad hoc und zu einem bestimmten Stichtag alle Veränderungen herbeizuführen. Da das Bundesteilhabegesetz ganz unterschiedliche Bereiche der Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen tangiert und vor allem hinsichtlich der Personenzentriertheit strukturelle Änderungen bei der Bedarfsfeststellung und in der Angebotslandschaft nach sich ziehen wird, werden mit unten stehenden Eckpunkten notwendige Maßnahmen beschrieben, deren Entwicklung und Umsetzung vorrangig prozesshaft zu verstehen sind.

 

1. Wunsch- und Wahlrecht

 

Gemäß dem in der UN-BRK verankerten Anspruch auf Selbstbestimmung sind den Anspruchsberechtigten all die Unterstützungsleistungen zur Verfügung zu stellen, die ihnen dabei helfen, so selbstständig wie möglich zu entscheiden, wie und wo sie wohnen und arbeiten und welche weiteren Teilhabeleistungen sie in Anspruch nehmen. Die Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts kann demnach auch als eine Voraussetzung für die Bereitstellung individueller und bedarfsgerechter Teilhabeleistungen betrachtet werden.

2. Personenzentrierung statt Institutionenzentrierung

 

Gemäß den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention sowie eines zeitgemäßen Teilhaberechts müssen Leistungen für Menschen mit Behinderungen zukünftig individuell und personenzentriert statt einrichtungszentriert erfolgen. Menschen mit Behinderungen brauchen passgenaue Leistungen, die sich am tatsächlichen persönlichen Bedarf des Leistungsberechtigten orientieren. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es weiterhin einer Trägerlandschaft, die unterschiedliche Wertorientierungen, Inhalte, Methoden und Arbeitsformen anbietet. Die Sozialleistungsträger müssen ihre Beratung weiter verbessern und die Betroffenen verlässlich und zügig durch das Sozialleistungssystem begleiten (Fallmanagement). Die Verfahrensregelungen zur trägerübergreifenden Zusammenarbeit müssen im SGB IX diesem Ziel entsprechend weiterentwickelt werden. Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit, eine leistungsträgerunabhängige und anwaltschaftliche Beratung für die Betroffenen sicherzustellen. Weiterhin muss zur Bewältigung von Strukturveränderungsprozessen die Unterstützung der Träger gewährleistet sein.

3. Bundesteilhabegeld

 

In welchem Maße ein Bundesteilhabegeld den Anspruch einer selbstbestimmten Lebensführung unterstützt, muss geprüft werden.

4. Bundeseinheitliche Bedarfsermittlung

 

In Deutschland existieren verschiedene Instrumente der Bedarfsermittlung und der Hilfeplanung in der Eingliederungshilfe. Mit der Vielfalt dieser Instrumente korrespondieren regional unterschiedliche Verfahren. Um sicherzustellen, dass alle Anspruchsberechtigten gleichermaßen von den Teilhabeleistungen profitieren, sind bundeseinheitliche Verfahren und Kriterien erforderlich.

5. Teilhabeleistungen unabhängig von Einkommen und Vermögen

 

Die Anrechnung von Einkommen und Vermögen im Rahmen der Eingliederungshilfe muss, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, einer intensiven Prüfung unterzogen werden. Auch Menschen mit Behinderungen müssen in der Lage sein, mehr Geld als bisher anzusparen. Hierzu muss die Vermögensgrenze, die sich derzeit auf 2.600 Euro beläuft, deutlich angehoben werden. Ziel sollte es sein, Teilhabeleistungen zukünftig unabhängig vom jeweils vorhandenen Einkommen und Vermögen bereitzustellen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass hier unter dem Begriff Teilhabeleistungen die sozialen Teilhabeleistungen und nicht etwa existenzsichernde Leistungen für Unterkunft und Verpflegung im Blickfeld stehen. Es geht hier also nicht um Kosten der Hilfe zum Lebensunterhalt, sondern um einen Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderungen.

6. Assistenz

a) Assistenz und persönliche Assistenz

 

Die Leistungsformen der Assistenz tragen dem Anspruch nach Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft Rechnung. Insbesondere die persönliche Assistenz erfüllt das Bedürfnis nach Autonomie und Selbstbestimmung. Die Finanzierung der Assistenz ist jedoch auf mehrere Kostenträger verteilt. Im Sinne einer konsequenten Stärkung selbstständiger Lebensformen und Lebensgestaltung ist daher die Aufnahme einer klaren und praxistauglichen Regelung hierzu in das neue Bundesteilhabegesetz notwendig. Die Vergabe und Finanzierung der Leistung sollte zukünftig wie aus einer Hand erfolgen.

b) Elternassistenz

 

Auch Eltern mit Behinderungen sind auf unterstützende Leistungen angewiesen. Wie alle anderen Menschen besitzen auch sie ein Recht auf Elternschaft, stoßen jedoch im Alltagsleben oftmals auf Hindernisse. Zwar stärkt das SGB IX die Rechte von Frauen mit Behinderungen, allerdings enthält es keine ausdrückliche Anspruchsgrundlage zur Elternassistenz. Sofern Eltern derartige Hilfen gewährt werden, kommen zum einen Leistungen nach dem SGB VIII – dann jedoch als Leistungen für das Kind

 

– in Betracht. Zum anderen kann es sich auch um Leistungen der Eingliederungshilfe als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§§ 53, 54 SGB XII in Verbindung mit § 55 SGB IX) handeln. Vor diesem Hintergrund sollte im Zuge der Erarbeitung des Bundesteilhabegesetzes auch ein Anspruch auf Elternassistenz rechtlich geregelt werden.

7. Schnittstellenproblematiken

a) SGB II – Leistungen der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende

 

Neben den Leistungen der Eingliederungshilfe können Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II erforderlich sein. Abgrenzungsprobleme zwischen SGB II und SGB XII in der Praxis sowie auftretende Interessenskonflikte zwischen den Kommunen als Träger des SGB XII und dem Bund als Träger der Leistungen nach dem SGB II führen oftmals zu Schwierigkeiten bei der Leistungsgewährung. Insbesondere hinsichtlich der Schaffung eines inklusiven Arbeitsmarktes sowie den zahlreichen Rehabilitationsmaßnahmen sind entsprechende Regelungen zur Lösung der Schnittstellenproblematiken erforderlich.

b) SGB V – Gesundheit

 

Die Zahlen der Anspruchsberechtigten in der Eingliederungshilfe sind in den vergangenen Jahren unter anderem auch deshalb gestiegen, weil die vorgelagerten Systeme ihrer Aufgabe nicht in dem Maße gerecht werden, wie es notwendig wäre. Hierzu zählt auch das Gesundheitssystem. Sehr lange Wartezeiten vor Beginn einer Therapie können dazu führen, dass die Behandlung und damit auch die Hilfe für die Betroffenen zu spät kommen und sich bestimmte Krankheitsbilder oder drohende Behinderungen bereits verfestigt haben. Zu kurze Behandlungszeiten erhöhen darüber hinaus die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Wiedererkrankung. Verbesserungen in diesem Bereich sind daher unbedingt anzustreben.

c) Große Lösung – Zusammenlegung der Leistungen für Kinder und Jugendliche unter dem Dach des SGB VIII

 

Gegenwärtig werden Eingliederungshilfeleistungen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach Maßgabe des Jugendhilferechts erbracht. Eingliederungshilfe für geistig und körperlich behinderte Kinder und Jugendliche dagegen leistet die Sozialhilfe auf der Grundlage des SGB XII.

Diese Einordnung der Art der Behinderung bei unterschiedlich zuständigen Kostenträgern bereitet in der Praxis erhebliche Probleme und verursacht Zuständigkeitsstreitigkeiten. Diese wiederum erschweren eine schnelle Leistung für den jungen Menschen und können sogar dazu führen, dass im Einzelfall eine Leistung nicht zeitnah oder nicht bedarfsgerecht gewährt wird. Ist nur ein Leistungsträger für die Eingliederungshilfe für junge Menschen zuständig, entfallen diese Schwierigkeiten. Kinder sind in allererster Linie Kinder und haben erst in zweiter Linie einen Unterstützungs- und Förderbedarf. Die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen in der SPD-Bundestagsfraktion spricht sich daher dafür aus, allen Kindern und Jugendlichen Leistungen der Eingliederungshilfe auf der Basis des Jugendhilferechts zu gewähren (sog. Große Lösung unter dem Dach des SGB VIII). Dadurch würde die Schnittstelle zwischen der Kinder- und Jugendhilfe und der Sozialhilfe entfallen, die bisherigen Schwierigkeiten bei der Leistungsgewährung wären obsolet und dem Inklusionsgedanken würde ausreichend Rechnung getragen.

d) § 43 a SGB XI – Pflege

 

Menschen mit Behinderungen sind in aller Regel pflegeversichert. Doch obwohl sie reguläre Beiträge zahlen, erhalten sie im Versicherungsfall nicht die vollen Leistungen, sofern sie in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe leben. Dies stellt eine soziale Ungerechtigkeit dar. Daher ist auch diese Schnittstelle sukzessive zu beseitigen.

8. Durchlässigkeit zwischen Werkstätten für behinderte Menschen und erstem Arbeitsmarkt

 

Laut § 136 SGB IX haben Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) bereits jetzt schon dafür Sorge zu tragen, den Übergang von WfbM-Beschäftigten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Diese Maßgabe wird in der Praxis jedoch nur unzureichend umgesetzt. Deshalb sollte hier eine entsprechende Verpflichtung gesetzlich verankert werden. Es ist weiterhin zu prüfen, ob die derzeitigen Zugangsvoraussetzungen bei WfbM einer Überarbeitung bedürfen.

 

Gleichzeitig müssen Menschen mit Behinderungen, die den Sprung von der WfbM auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen, besondere Herausforderungen bestehen. Das Risiko, die angetretene Arbeitsstelle wieder zu verlieren, ist bei ihnen größer als bei Menschen ohne Beeinträchtigung. Es besteht daher die Notwendigkeit der gesetzlichen Verankerung eines Rückkehrrechts in die WfbM ohne Verluste sozialrechtlicher Ansprüche. Die Kriterien eines solchen Rückkehrrechts sind vorab festzulegen. Ferner ist zu gewährleisten, dass auch beim Wechsel von der WfbM auf den ersten Arbeitsmarkt keine sozialrechtlichen Nachteile – beispielsweise bei der Rente – entstehen.

 

Mit dem neuen Bundesteilhabegesetz muss die Wahlfreiheit zwischen einer Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt und einer Beschäftigung in einer anerkannten WfbM von Beginn an sichergestellt sein. Ziele sind ein diskriminierungsfreies Fördersystem und unterstützende Leistungen, die sich an den individuellen Bedürfnissen jedes Einzelnen orientieren und dessen Stärken im Fokus haben. Die Akteure des ersten Arbeitsmarktes stehen in der Verantwortung, inklusive Strukturen aufzubauen, zu festigen und zu fördern. Integrationsfirmen und Arbeitsassistenzen sollen entsprechend weiterentwickelt werden. Langfristig bzw. dauerhaft ausgerichtete Lohnkostenzuschüsse könnten geeignet sein, um Unternehmen Planungssicherheit zu geben. Das persönliche Budget für Arbeit soll dahingehend überprüft werden, ob es flächendeckend eingesetzt werden kann.

Stand: 03.12.14

Positionspapier Selbst Aktiv Baden-Württemberg

1. Selbst Aktiv muss als kompetenter Partner für die Politik für Menschen mit  Behinderungen und Beeinträchtigungen innerhalb der SPD anerkannt werden.

2. Selbst Aktiv ist das Bindeglied zwischen der SPD, den Verbänden und den Selbsthilfeorganisationen sein. So können wir gleichzeitig effektiv Mitglieder für unsere Partei werben.

3. Selbst Aktiv muss in den entsprechenden Fachgremien der SPD auf bundes-, landes-, und kommunaler Ebene mitarbeiten können.

4. Selbst Aktiv sollte bei öffentlichen Veranstaltungen der SPD wie zum Beispiel bei    Podiumsdiskussionen und Fachvorträgen auch auf bundes-. landes-, und  kommunaler Ebene den Mandatsträgern mit ihrer Fachkompetenz in der Behinderten politik zur Seite stehen.

5. Selbst Aktiv muss als Delegierte oder als Gast zu allen Bundes- und Landesparteitagen der SPD eingeladen werden.

6. Selbst Aktiv sorgt in der SPD und mit dieser für ein Umdenken in der Gesellschaft.  Gemeinsam wollen wir eine inklusive Gesellschaft schaffen in der alle Menschen die gleichen Chancen, die gleichen Rechte, aber auch die gleichen Pflichten haben.

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